Angestachelt durch "Es war einmal in Amerika" habe ich mir in der Videothek nun endlich "City of God" ausgeliehen.
Bei dem Film war ich eine wirklich lange Zeit indifferent. Als ich das erste Mal davon hörte, und den damit verbundenen Erfolg auf Filmfestspielen, war ich ziemlich begeistert davon. Die Kreditierung als Indepentend Film mit hoher Filmatmosphäre hat mich sehr gelockt -- bis ich dann am Regal vor dem Film stand, den Klappentext las, und total gelangweilt war. Das hörte sich alles irgendwie langweilig an, zu sehr nach "Beziehungskitsch im Ausland". Da ich zu der Zeit auch so enorm abgetörnt von Lost in Translation war, wollte ich mir das nicht wirklich antun.
Als ich aber dann vor kurzem darauf stieß, dass der Film doch eher in die Richtung Goodfellas, Mafia und Co gehen sollte, war natürlich klar, dass ich das mal sehen musste.
Denn darum handelt der ganze Film: Um die Jugendzeit und das Aufwachsen des Protagonisten Buscape in einem Slum von Rio de Janeiro. Wie er durch Familien- und Freunde am Rande einer Gang mitgeschleift wird, die sich in einer Spirale der Brutalität bis hin zu einem mächtigen Drogenboss dreht, der den Stadteil beherrscht und einen Kleinkrieg führt. Mittendrin Verrat, Freundschaft, Versagen und der harte Alltag.
Nach dem Film bin ich in der Beurteilung hin- und hergerissen. Einerseits war die deutsche Synchronisation um Ernsthaftigkeit bemüht, aber andererseits kam sie mir nicht authentisch genug vor, erweckte eher den Eindruck eines Theaterstücks. Der Film ist im visuellen Stil sehr dokumentarisch gehalten, und geht auch inhaltlich ab und zu in diese Richtung. Die Story selbst wird jedoch mit interessanten Versatzstücken zum Leben erweckt, und bietet so sogar recht viel Abwechslung.
Die Vorstellung, dass dieser Film auch nur etwas Realität besitzen kann, ist erschreckend. Die Kinder in ihrer Kriminalität und Erbarmungslosigkeit zu sehen, und in der Stadt keine Sicherheit zu haben, ist grausam und für mich eigentlich kaum denkbar. Dadurch, dass die Schauspieler unbekannte sind, kann man sich diese Lage noch viel realer vorstellen.
Jedoch ist die Vorstellung nur die halbe Miete - ich konnte mit dem Film einfach keine richtige Verbundenheit herstellen. Die Szenerie in Brasilien hat mich nicht so richtig gefesselt, wie es "normale westliche" Streifen über die Mafia tut. Zu groß war das dreckige und unsystematische Chaos der Gangs, im Gegensatz zu teilweise klinisch gezielten Schlägen und Kriminalität, die mich bei Mafia-Filmen packen.
Der Film zählt dennoch zu den Filmen, die man einmal gesehen haben sollte, und die wirklich ehrlich und unverblümt sich des Themas annehmen. Für diese grausige, dokumentarische Wirklichkeit gibt's von mir
8 IMDB-Punkte. Freunde des Popkorn-Kinos kommen hier jedoch eher nicht auf ihre Kosten.